Verbände: Bundesregierung tatenlos bei Energieeffizienz – Noch 50 Tage bis Beginn der Heizperiode
Verbände: Bundesregierung tatenlos bei Energieeffizienz – Noch 50 Tage bis Beginn der Heizperiode
Wichtig seien dauerhaft wirkende Steigerungen der Energieeffizienz durch Investitionen in effizientere Gebäude, Unternehmen und öffentliche Infrastruktur.
Benjamin Weismann, Geschäftsführer des Energieberaterverbands GIH: „Mit Blick auf die teilweise drastisch gestiegenen Lebens-, Zins- und Energiekosten benötigen Verbraucherinnen und Verbraucher Investitionssicherheit. Die plötzliche, harte Konditionsverschlechterung bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und vorausgegangene Förderstopps beim Neubau haben die Akzeptanz für energetisches Bauen und Sanierung am Markt stark geschwächt. Es braucht eine eindeutige Zusage der Bundesregierung in Sachen Energieeffizienz und langfristig ausgelegte Förderung.“ Der GIH kritisiert zudem, dass die Bestimmungen zum Wärmeschutz bei Neubauten in der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) aufgeweicht wurden.
Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF: „Das Thema Energieeffizienz war nie wichtiger als heute. Aber die Bundesregierung ist tatenlos. Wir haben uns als DENEFF der Energiesparkampagne der Bundesregierung angeschlossen, erleben jedoch sogar das Gegenteil von dessen, was politisch notwendig wäre. Statt das bereits im Februar angekündigte Energieeffizienzgesetz auf den Weg zu bringen, wurden nun die Fördermittel für die Gebäudesanierung drastisch gekürzt. Im Industriebereich stockt die Förderung bereits seit Monaten. Dabei ist es wichtig, Investitionen in Maßnahmen anzustoßen, die Haushalte und Unternehmen dauerhaft aus der Energiekostenfalle befreien – und zwar ohne Frieren und Produktionseinschränkungen. Energieeffizienz muss ebenso wie der Ausbau der Erneuerbaren als übergeordnetes öffentliches Interesse vorangebracht werden“. Vorschläge für ein Energiesparpaket hatte die DENEFF bereits im März gemacht.
Im Juni hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in einem breiten Verbändebündnis die Kampagne “80 Millionen gemeinsam für den Energiewechsel” ins Leben gerufen. Dr. Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband reicht das nicht: „Energiesparen muss gemeinschaftlich erfolgen: Industrie, Handel und Gewerbe, der öffentliche Sektor und die privaten Haushalte müssen jetzt alles tun, um Energie, insbesondere Gas zu sparen. Energiesparappelle allein reichen aber nicht aus, um private Haushalte mittel- und langfristig von hohen Gas- und Energiepreisen zu entlasten, denn sie führen nicht zu den notwendigen strukturellen Investitionen in mehr Energieeffizienz bei der Gebäudehülle und in den schnellen Austausch von fossilen Heizungen. Daher muss die Gebäudehülle der schlechtesten Gebäude jetzt angefasst und energetisch saniert werden. Die Bundesregierung darf nicht auf Brüssel warten, hier entsprechende Standards zu setzen. Es sind über 20 Mrd. Euro erforderlich, um eine ambitionierte Gebäudesanierung in Ein- und Mehrfamilienhäusern umzusetzen.“
„Die Energiewende ist durch Putins Angriff auf die Ukraine und auf Europas Energieversorgung umso wichtiger geworden. Von Anfang an fußt die Energiewende auf drei Säulen aus: Mehr Erneuerbare, mehr Einsparung, mehr Effizienz. Doch statt die Energiewende als Ganzes anzugehen, lässt auch die Ampel die Einsparungen und die Effizienz stiefmütterlich links liegen. Doch hier entscheidet sich die Versorgungssicherheit – und nicht an der Frage, ob einzelne Atomkraftwerke länger laufen sollten. Genau deshalb ist es mehr als fahrlässig, wenn einzelne Regierungsvertreter eine rechtlich absolut unsichere Laufzeitverlängerung ins Gespräch bringen, statt die wirklichen Probleme anzugehen. Wir brauchen endlich mehr Mut zum Ordnungsrecht. Vor allem dort, wo sich Maßnahmen ohnehin lohnen: Heizungsoptimierungen, Sanierung der schlechtesten Gebäude, Umsetzung von wirtschaftlichen Maßnahmen in der Industrie“, bekräftigt Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR). „Je länger die Bundesregierung jetzt zögert, desto höhere Kosten kommen auf uns zu: auf jeden einzelnen und auf die Gesellschaft“, so Niebert weiter.
Nach Schätzungen einer Studie des Exzellenzclusters ECONtribute muss Deutschland 20 bis 25 Prozent Erdgas in dieser Heizperiode einsparen.
Pressemitteilung Bundesregierung tatenlos bei Energieeffizienz (12. August 2022)
Audiobericht beim Deutschlandfunk über die Pressekonferenz (12. August 2022)
Kommentar des GIH zur BEG-Reform
Kommentar des GIH zur BEG-Reform
Inhaltliche Kommentierung
Die mit bis zu 40 Prozent weiterhin sehr hoch geförderten Wärmepumpen und Wärmenetze sind sehr wichtig für die Energiewende im Gebäudesektor, allerdings spielt neben Erneuerbaren Heizungen auch die Energieeffizienz eine wichtige Rolle. Die Energieeffizienz kommt allerdings wieder zu kurz. Maßnahmen an der Gebäudehülle (inkl. Lüftungsanlagen und Efficiency Smart Home) werden mit 5 Prozent weniger (15 Prozent anstatt den vorherigen 20 Prozent) gefördert und somit deutlich schlechter als Einzelmaßnahmen in der Gebäudetechnik. So besteht die Gefahr, dass Wärmepumpen aufgrund der hohen Fördersätze in nicht dafür ausgelegte Altgebäude eingebaut werden, ohne deren Hülle zu sanieren, und die Wärmepumpe im Winter somit das Gebäude dann als Heizstab mit Strom direkt heizt.
Das Gebäude ist aber ganzheitlich anzugehen. So macht es auch keinen Sinn, dass Einzelmaßnahmen besser gefördert werden als Sanierungen zum Effizienzgebäude. Es wird vor allem zu Inselsanierungen von gewerkespezifischen Einzelmaßnahmen kommen. Lock-In-Effekte werden dann unvermeidbar die Folge sein. Warum werden Einzelmaßnahmen mit bis zu 40 Prozent gefördert, die durchaus nicht umambitionierte Sanierung zu EH 85 aber nur mit 5 Prozent, bzw. mit 5 Prozent EE-Bonus höchstens mit 10 Prozent? Natürlich ist zu beachten, dass der derzeitige KfW-Zinssatz von 0,01 Prozent einem Zinsvorteil von rund 15 Prozent entspricht. Allerdings schreibt das BMWK dazu, dass diese Zinsverbilligung für neu gewährte Förderkredite „u.a. in Abhängigkeit vom Marktzinsniveau schwanken“ könne. Darauf kann man also mittel- bis langfristig nicht bauen.
Viele werden demzufolge nur nach aktuellem niedrigen GEG-Standard sanieren, weil die steigenden Kosten und die geringere Förderung keinen Anlass bieten, ambitioniert und zukunftsweisend zu sanieren. So schaffen wir es noch nicht mal ansatzweise, die vereinbarte CO2-Einsparung zu erreichen.
Ein positiver Lichtblick ist, dass der „Heizungsaustausch-Bonus“ von Öl- auf Gasheizungen, die älter als 20 Jahre sind, und Nachtspeicheröfen ausgeweitet wird. Dass der iSFP-Bonus auf Maßnahmen der Gebäudehülle, Lüftungsanlagen und Heizungsoptimierung begrenzt wird, ist nachvollziehbar, da bei einem Heizungsaustausch einer ohnehin defekten Heizung oft ein Mitnahmeeffekt bestand, auch wenn Energieberater bei dem iSFP-Gespräch einige Sanierungswillige von weiteren ganzheitlichen Maßnahmen überzeugen konnten.
Auswirkungen auf die Energieberater und die Wirtschaft und somit auf die Energiewende
Viele Energieberater sind verzweifelt und wütend, dass wieder Förderbedingungen über Nacht geändert wurden. Viele müssen nun ihre Planungen über den Haufen werfen. Zum Beispiel ist es oft ein großer Aufwand, eine berechnete Sanierung zum EH 100 nun auf EH 85 anpassen zu müssen. Es ist unklar, ob die Kunden gewillt sind, diese Extraleistung zu zahlen. Somit haben die Energieberater aus Sicht der Kunden faktisch unwissentlich „falsch“ beraten, müssen den Frust der Kunden einstecken und darum kämpfen, die teils obsolete Beratungsleistung vergütet zu bekommen.
Durch den Wegfall der Zuschussförderung in allen Bereichen werden insbesondere Wohnungseigentümergemeinschaften weniger sanieren, weil diese WEGs oft keine Kredite aufnehmen können bzw. wollen. Auch ältere sanierungswillige Hausbesitzer, die ohnehin kaum Kredite bei der Bank bekommen und mit ihrem Barvermögen sanieren möchten, werden wegen der Streichung der Zuschussprogramme für Effizienzhäuser häufig nichts mehr sanieren. Hier muss aus sozialen Gründen unbedingt nachgebessert werden.
Bauträger berichten ebenfalls, dass sie deutlich weniger sanieren und bauen werden. Auch Baugenossenschaften haben ihre Bautätigkeit – oft auch für Sozialwohnungen – schon eingestellt und durch die gestiegenen Baukosten nehmen auch Unternehmen Abstand von Sanierungen.
Appell an die Politik
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor sechs Monaten in der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ die BEG-Förderung als „breit angelegt und solide ausfinanziert“ beschrieben. Zudem teilten das BMWK und BMWSB in ihrem Sofortprogramm vom 13. Juli mit: „Richtschnur für die Neuausrichtung der BEG ist die Sicherstellung der Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands ab 2045“. Dies kann mit den deutlichen Kürzungen nicht erreicht werden.
Anstatt (wie versprochen) eine einheitliche Vorgehensweise für die Förderprogramme zu finden, gibt es nun wieder unterschiedliche Fristen bei der KfW und dem BAFA. Zudem sind die Bedingungen zur steuerlichen Förderung nun nicht mehr analog. Das BMWK verwies auf Nachfrage lediglich auf das Finanzministerium.
Der GIH kritisiert, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung viel zu kurzfristig war und unmittelbar in den Sommerferien liegt. Die permanenten Änderungen der Förderlandschaft sowie Starts und Stopps von Förderprogrammen bewirken eine Planungsunsicherheit bei Bauherren und Energieberatern.
Insgesamt ist die BEG-„Reform“ ein Streichprogramm und somit ein Rückschritt im Klimaschutz. Die zukünftigen Fördermittel sind leider nun so unattraktiv, dass viele ihre erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr angehen werden.
Zitate von Energieberatern des GIH
„Der Schlingerkurs der Bundesregierung erschwert unsere Arbeitsbedingungen erheblich. Eine zuverlässige und langfristige Kapazitäts- und Personalplanung ist unter diesen Voraussetzungen schlicht und einfach nicht möglich.“
„Die Kunden sind sehr verärgert und stornieren zum Teil schon jetzt die in Kürze geplanten Sanierungen, weil die Banken schon ankündigten, dass ohne die bisher erwartbaren Zuschüsse die Finanzierungen deutlich schlechter werden.“
„Wir stehen wieder vor einem Scherbenhaufen von zurückgezogenen Aufträgen von Sanierungswilligen – für die wir schon wochenlange Vorarbeit geleistet haben.“
„Wer ein Effizienzhaus 100 vorbereitet hat, muss teils komplett neu planen, da dieses gestrichen wurde, obwohl es für bestimmte Gebäude (z.B. am Hang oder mit Bodenplatte) kaum andere Möglichkeiten gibt.“
„Wir verspüren wegen der unsicheren Förderstruktur ein ungutes Bauchgefühl. Wie sollen wir da die Kunden von langfristigen Sanierungsmaßnahmen überzeugen?“
„Wieso entsenden wir Mitarbeiter zu kostspieligen und zeitaufwendigen Weiterbildungsmaßnahmen, um eine Zulassung beim BAFA zu erhalten, wenn parallel die Anreize dafür Stück für Stück gestrichen und gekürzt werden?“
„Was bringen 5 Prozent Förderung für ein Denkmal sowie das EH 85? Das entspricht 6.000 Euro Zuschuss bei einem Einfamilienhaus. Ich frage mich, ob das der Aufwand wert ist.“
„Quintessenz: Gut beraten ist, wer gleich die Finger von der Sanierung lässt.“
„Als Energieberater fühle ich mich derzeit wie ein Esel, dem abwechselnd ein Sack voller Karotten vor das Maul gehängt wird und dem dann, kaum in Bewegung, ein paar Schritte später wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.“
Übersicht über die Änderungen der BEG-Fördersätze ab 28. Juli 2022
Übersicht über die Änderungen der BEG-Fördersätze ab 28. Juli 2022
Aktuelle Informationen finden sich auf unserer BEG-Newsseite. Zudem sind auf den Seiten zu unserer BEG-Übersicht und Bundesweiten Förderprogramme weiterführende Informationen.
Fördersätze BEG WG – Neubau
- Effizienzhaus 40 NH: 12,5 % 5 %
- Energetische Fachplanung und Baubegleitung: 50 %
- Nachhaltigkeitszertifizierung: 50 %
Fördersätze BEG WG – Sanierung
- Energetische Fachplanung und Baubegleitung: 50 %
- Effizienzhaus Denkmal: 25 % 5 %
- Effizienzhaus 100: 27,5 %
- Effizienzhaus 85: 30 % 5 %
- Effizienzhaus 70: 35 % 10 %
- Effizienzhaus 55: 40 % 15 %
- Effizienzhaus 40: 45 % 20 %
- EE-Klasse: plus 5 %
- NH-Klasse: bei Sanierung nicht vorhanden
- Neu ab 22.9.: Worst Performing Building-Bonus: plus 5 %, wenn diese auf das Niveau EH 40 oder EH 55 saniert werden. Dieser ist mit der EE-Klasse kumulierbar
- Max. Zinsvergünstigung von 15 % in allen Effizienzstufen. Diese gilt für die erste Zinsbindungsdauer
Fördersätze BEG NWG – Neubau
- Effizienzgebäude 40 NH: 12,5 % 5 %
- Energetische Fachplanung und Baubegleitung: 50 %
- Nachhaltigkeitszertifizierung: 50 %
Fördersätze BEG NWG – Sanierung
- Energetische Fachplanung und Baubegleitung: 50 %
- Effizienzgebäude Denkmal: 25 % 5 %
- Effizienzgebäude 100: 27,5 %
- Effizienzgebäude 85: fehlt, für NWG nicht vorgesehen
- Effizienzgebäude 70: 35 % 10 %
- Effizienzgebäude 55: 40 % 15 %
- Effizienzgebäude 40: 45 % 20 %
- EE- oder NH-Klasse: + 5 %
- Förderkombination von EE- und NH-Klasse ist nicht möglich
- Neu ab 22.9.: Worst Performing Building-Bonus: plus 5 %, wenn diese auf das Niveau EG 40 oder EG 55 saniert werden. Dieser ist mit der EE- und NH-Klasse kumulierbar
- Kreditbetrag: Bis zu 2.000 Euro pro Quadratmeter Nettogrundfläche und maximal
3010 Millionen Euro pro Vorhaben - Max. Zinsvergünstigung von 15 % in allen Effizienzstufen. Diese gilt für die erste Zinsbindungsdauer
Fördersätze BEG EM
- Die neuen Förderbedingungen gelten ab dem 28. Juli 2022, allerdings ist es pro Antragsteller möglich, bis einschließlich 14. August einen Antrag mit den bislang geltenden Förderbedingungen zu stellen
- Die Fachplanung und Baubegleitung beträgt in allen Programmteilen unverändert 50 %
- Das Mindestinvestitionsvolumen beträgt unverändert 2.000 Euro, bzw. 300 Euro bei der Heizungsoptimierung
- Der frühere Öl-Austausch-Bonus wird auf einen Heizungsaustausch-Bonus für Gas-, Kohle- und Nachtspeicherheizungen ausgeweitet. Die Voraussetzungen für diesen Bonus sind, dass die Heizungen vor dem Austausch funktionstüchtig sein müssen und Gasheizungen müssen zudem mindestens 20 Jahre in Betrieb gewesen sein. Eine Ausnahme sind Gasetagenheizungen, da spielt der Zeitpunkt der Inbetriebnahme keine Rolle. Zudem darf das Gebäude nach dem Heizungsaustausch nicht mehr mit fossilen Brennstoffen beheizt werden – weder im Gebäude noch gebäudenah
- Kombigeräte bestehend aus Gasbrennwertheizung und Wärmepumpe sind nicht förderfähig
Ausblick
Die nächsten Änderungen kommen voraussichtlich Anfang 2023. Dann werden die BEG-Richtlinien in überarbeiteter Fassung veröffentlicht, ein Bonus für serielle Sanierung eingeführt und die Neubauförderung novelliert.
Die Reform der Gebäudeförderung ist ein Streichprogramm
Die Reform der Gebäudeförderung ist ein Streichprogramm
„Was plakativ als Fokussierung und Vereinfachung angepriesen wird, ist bei genauerem Hinsehen nichts anderes als ein massives Streichprogramm“, sagt der GIH Bundesvorsitzende Jürgen Leppig. Außerdem mache es die erneute kurzfristige Änderung der Förderkonditionen Energieberatern unmöglich, ihren Aufgaben professionell und glaubwürdig nachzukommen.
Aufgrund der sich zuspitzenden Klimakrise und der Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen nimmt die reformierte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vor allem auf fossilen Brennstoffen beruhende Technologien aus der Förderung. „Dagegen ist nichts zu sagen, schließlich besteht hier akuter Handlungsbedarf. Indem jedoch an allen Ecken und Enden gekürzt wird, schießt die Reform weit über dieses Ziel hinaus“, bemängelt Leppig. In der Bilanz seien die neuen Konditionen so unattraktiv, dass viele Hausbesitzer von geplanten Maßnahmen Abstand nehmen werden. Auch den besonders wünschenswerten ganzheitlichen Sanierungen zum Effizienzhaus und -gebäude werde mit der Streichung der beliebten Zuschussvariante und des Einstiegsniveaus EH / EG 100 ein Riegel vorgeschoben.
Besonders ärgerlich findet Leppig die Kurzfristigkeit, mit der die Änderungen vorgenommen wurden: „Hausbesitzern werden Pläne spontan über den Haufen geworfen und Energieberater können so nicht professionell und glaubwürdig arbeiten. Beratungsdienstleistungen, die sich anschließend nicht umsetzen lassen, weil sich ständig alles ändert, sind irgendwann nicht mehr vermarktbar.“ Zumal der Gesetzgeber bereits angekündigt habe, im Herbst weitere Änderungen vornehmen zu wollen.
„Die Vorgehensweise konterkariert die von uns seit langem geforderte Verlässlichkeit und Planbarkeit und der Inhalt der Reform ist alles andere als dazu geeignet, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu machen“, so das Fazit des GIH-Bundesvorsitzenden.
Pressemitteilung Die Reform der Gebäudeförderung ist ein Streichprogramm als PDF
Neubauförderung trotz Mittelaufbrauch im August weiter gesichert
Neubauförderung trotz Mittelaufbrauch im August weiter gesichert
Neubauregelungen im Gebäudeenergiegesetz (GEG) und der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
Der Ministeriumsvertreter verkündete, dass eine (zusätzliche?) Gebäudeenergiegesetz-Novelle „vermutlich im ersten Halbjahr 2023“ komme. Für die Neubau-Förderung mit der Nachhaltigkeitsanforderung (NH-Klasse) sei das Budget dank höherer Nachfrage als erwartet von 300 Millionen Euro wohl Mitte August aufgebraucht, aber ein weiterer Förderstopp 2022 sei „nicht zu befürchten“, da im Rahmen der Haushaltsplanung die Förderung in Kürze aufgestockt werden solle. Ihm war wichtig zu betonen, dass in Zukunft Neubauten weiter gefördert werden, um das ambitionierte und im Koalitionsvertrag verankerte Ziel von 400.000 Neubauten pro Jahr zu erzielen.
Boom der BEG-Einzelmaßnahmen
Dr. Ina Bartmann, BAFA-Abteilungsleiterin, berichtete, dass bis jetzt in diesem Jahr schon 250.000 BEG EM-Anträge eingegangen seien. Sie rechnet mit insgesamt 650.000 bis 700.000 Anträge für das gesamte Jahr 2022. Christian Stolte als dena-Bereichsleiter rechnete vor, dass jedoch mindestens zwei Millionen Einzelmaßnahmen nötig seien, um die für die Erreichung der Klimaziele nötige Sanierungsrate von Zwei zu erreichen. Zudem empfahl er, mehr Maßnahmen an der Gebäudehülle durchzuführen. Er wies – sowie später auch die VdZ-Geschäftsführerin Kerstin Stratmann – auf die Wichtigkeit der Energieberatung hin. Stolte befürwortete insbesondere die individuellen Sanierungsfahrpläne (iSFPs), damit in der Sanierung „die richtigen Maßnahmen in richtiger Reihenfolge“ durchgeführt werden.
Zukünftige Rolle des Wasserstoffs im Gebäudesektor
Constantin Zerger, Deutsche Umwelthilft (DUH), sieht auf absehbare Zeit keinen Einsatz von Wasserstoff im Gebäudebereich, da andere Industrien höhere Zahlungsbereitschaft zeigten und im Verkehr es keine Alternativen gebe. Daher würde er beim Einbau neuer Heizungen von Gasheizungen abraten, auch wenn diese Wasserstoff-Ready seien. Die Wirtschaft mit Uwe Glock, Vize-Präsident der VdZ, schätzt die Lage anders ein und rechnet ab 2030 mit vermehrter Verfügbarkeit von Wasserstoff für den Einsatz in Gebäudeheizungen.
Heizungsverbot für alle neuen Öl- und Gasheizungen ab 2024?
Zudem wurde die geplante GEG-Anforderung diskutiert, dass ab 2024 Heizungen nur noch eingebaut werden dürften, die „möglichst“ mindestens mit einem Anteil von 65 Prozent Erneuerbarer Energien betrieben werden. Dies bedeutet nach Einschätzungen des Handwerksvertreters Norbert Borgmann, Vize-Präsident ZVSHK, für alle neuen Heizanlagen im Neu- und Altbau, dass dann wohl fast nur noch Wärmepumpen und Pelletheizungen möglich sein werden. Staatsekretär Bösinger berichtet über die aktuellen Diskussionen in den Ministerien, z.B. auch Fernwärmeanschlüsse darunter zu subsumieren.
Das VdZ-Branchenforum 2022 kann auf Youtube nachgehört werden.
Haushalt 2022: Deutlich mehr Mittel für BEG und Beratungsförderung
Haushalt 2022: Deutlich mehr Mittel für BEG und Beratungsförderung
Danach gibt das Bundesfinanzministerium die Gelder für die Projekte, einschließlich Förderprogramme, frei. Dies kann einige Wochen dauern. Der GIH hofft, dass Anfang Juli die Durchführer der Förderprogramme die Freigabe für ihre Budgets erhalten und dadurch die liegengebliebenen Anträge endlich abgearbeitet werden.
Die untenstehende Tabelle verdeutlicht, dass die Ausgaben für den Bereich Wohnungswesen im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen sind.
Funktion/Aufgabenbereich | Ausgaben 2021
in € |
Ausgaben 2022
in € |
Differenz |
4 Wohnungswesen, Städtebau, Raumordnung und kommunale Gemeinschaftsdienste | 2 972 150 000 | 3 585 886 000 | + 20,65 % |
41 Wohnungswesen, Wohnungsbauprämie | 1 675 263 000 | 2 149 392 000 | + 28,30 % |
411 Förderung des Wohnungsbaues | 1 494 401 000 | 1 880 380 000 | + 25,83 % |
412 Wohnungsbauprämie/Vermögensbildung (nur Bund) | 138 000 000 | 180 000 000 | + 30,43 % |
419 Sonstiges Wohnungswesen | 42 862 000 | 89 012 000 | + 107,67 % |
Die Förderung von Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energie im Gebäudebereich liegt bei den 20 größten Finanzhilfen des Bundes auf dem ersten und die BEG-Förderung auf dem dritten Platz. Mit 4,457 Milliarden Euro entspricht dies einer Steigerung von knapp 360 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dass die BEG mit zusätzlichen Geldern bedacht wurde, wird auch beim Vergleich mit Zahlen aus dem letzten Subventionsbericht deutlich: Im 28. Subventionsbericht des Bundes vom 18. September 2021 stand für das Jahr 2022 noch eine geplante Ausgabe von 2,775 Millionen Euro. Im Vergleich zu den nun 4,457 Millionen entspricht dies einer Steigerung von knapp 61 Prozent.
Kurzbeschreibung der Finanzhilfe | Ist 2020
in Mio. € |
Soll 2021
in Mio. € |
Soll 2022
in Mio. € |
Differenz
(2021 zu 2022) |
Förderung von Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energie im Gebäudebereich | 1 941 | 4 808 | 5 153 | + 7,18 % |
Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) | – | 975 | 4 457 | + 357,13 % |
Auch in der Förderung von Programmen und Projekten im Bereich Beratung Energieeffizienz gibt es eine deutliche Steigerung, wie untenstehende Tabelle verdeutlicht. Dazu gehört auch die Energieberatung für Wohngebäude und Nichtwohngebäude.
Zweckbestimmung | Ist 2020
in € |
Soll 2021
in € |
Soll 2022
in € |
Differenz
(2021 zu 2022) |
Beratung Energieeffizienz | 73 850 000 | 74 988 000 | 159 988 000 | + 113,35 % |
Arbeitsplan Energieeffizienz: Dreiklang aus Förderung, Vorgaben und Beratung
Arbeitsplan Energieeffizienz: Dreiklang aus Förderung, Vorgaben und Beratung
Dieser Ansatz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) entspricht dem ganzheitlichen GIH-Ansatz, Sanierungen der Gebäudehülle und -technik gemeinsam zu denken und umzusetzen.
Neue BEG-Sanierungsförderung im Sommer
Das BMWK erklärt nachvollziehbar, wie die zukünftigen gesetzlichen und förderrechtlichen Rahmenbedingungen für die Meisterung des Klimawandels im Gebäudesektor aussehen. Schwerpunkt wird weniger die Neubauförderung sein, in die in der letzten Zeit sehr viele Fördergelder geflossen sind. Bei der Förderung neuer Gebäude setzt die Regierung stark auf Nachhaltigkeitsaspekte. Die Sanierungsförderung über die stark nachgefragte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) steht in Zukunft im Vordergrund. Dabei adressiert die Regierung insbesondere die bisher nicht oder kaum sanierten Gebäude („Worst first“), für die es einen Extra-Bonus geben könnte. Unklar bleibt wie die Anreize für – dringend benötigte – niedrigschwellige Angebote ausgestattet werden sollen, da es auch jetzt schon eine Förderung für die Optimierung bestehender Heizungsanlagen gibt. Die BEG Reform soll „bis zum Sommer umgesetzt“ sein. Dies könnte bedeuten, dass sie nicht nur im Juni bereits bekannt gegeben wird, sondern die Neuerungen bereits dieses Jahr in Kraft treten könnten.
CO2-Kosten für Vermieter sollen Sanierungen erhöhen
Bei diesem CO2-Kostenaufteilungsgesetz geht es darum, dass der derzeit zu 100 % vom Mieter zu tragende CO2-Preis bereits ab 2023 anteilig auf den Vermieter umgelegt wird. Je besser der energetische Zustand, desto geringer der Anteil des Mieters. Durch dieses Stufenmodell sieht der Gesetzgeber einen Anreiz für Vermieter, energetisch zu sanieren. Bei einem wohl deutlich steigenden CO2-Preis in den nächsten Jahren müssen Energieberatende dies bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung von Maßnahmen berücksichtigen. Der GIH hatte anhand eines Beispiels ausgerechnet, dass dies bei einem ungedämmten Einfamilienhaus über die Laufzeit einer neuen Heizung und steigendem CO2-Preis eine fünfstellige Summe an Euro an zusätzlichen Belastungen darstellen kann. Diese Kosten kann der Eigentümer durch Maßnahmen an der Hülle verringern oder beim Einbau einer erneuerbaren Heizung komplett vermeiden. Der Gesetzentwurf liegt dem GIH zur Kommentierung vor und soll bald vom Parlament verabschiedet werden.
Förderprogramm Energieeffizienz in der Wirtschaft wird 2022 noch novelliert
Die Regierung setzt beim bestehenden Bundesförderprogramm Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) insb. auf „die Erzeugung industrieller Prozesswärme“. Durch eine Förderung von der im Arbeitsplan Energieeffizienz explizit erwähnten und sehr aufwändigen sowie kostspieligen Tiefengeothermie könnten diese Anlagen deutlich häufiger wirtschaftlich umgesetzt werden. Zudem sollen „klein-investive Maßnahmen für Energieeffizienz und Energiesubstitution in Industrie und Gewerbe“ beworben und umgesetzt werden. Der GIH unterstützt beides, da auch in diesem Sektor große Effizienzpotenziale sind.
Wärmepumpenhochlauf durch Öl- und Gasaustausch(prämie)
Die Regierung will durch „ein „Aufbauprogramm Wärmepumpe“ Anreize für Handwerksbetriebe und Planungsbüros geben, um an Weiterbildungen zu Planung und Einbau von Wärmepumpen teilzunehmen.“
Der GIH unterstützt dies, da nach Branchenangaben 40 % der SHK-Betriebe noch nie eine Wärmepumpe installiert haben und derzeit nur 30 % der Fachunternehmen regelmäßig Wärmepumpen einbauen. Der GIH warnt aber davor, dass nicht in jedes nicht oder kaum gedämmte Gebäude eine Wärmepumpe ohne Weiteres eingebaut werden kann. Ohne sorgfältige Planung und Maßnahmen an der Gebäudehülle – diese sollte möglicht gedämmt und luftdicht sein – und der Technik (wie z.B. niedrige Vorlauftemperatur, Flächenheizung, Lüftung mit Wärmerückgewinnung) kann bei Nutzern in kalten Wintern der Energiebedarf durch hohe Stromkosten deutlich steigen.
Wie schon im BEG-Blog exklusiv für Mitglieder erwähnt, ist sehr wahrscheinlich, dass die Ölaustauschprämie in der neuen BEG-Novelle auf (nur alte?) Gasheizungen, Kohleöfen und wohl auch Nachspeicheröfen erweitert wird.
Verschärfte Gesetzgebung wird wohl im Herbst veröffentlicht
Der gesetzliche Mindesteffizienzstandard wird im Neubau in zwei Schritten angehoben: Die Effizienzklasse EH 55 gilt ab 2023 und wird 2025 auf EH 40 weiter verschärft.
Ab 2024 gilt, dass „bei jeder neu eingebauten oder ausgetauschten Heizung, mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien zu nutzen sind“. Dies hört sich nach einer Verschärfung an, da bisher noch von „möglichst“ die Rede war. Faktisch werden aber in gut anderthalb Jahren dann nur noch Wärmepumpen und Pelletheizungen eingebaut. Zwar wird im Arbeitsplan Energieeffizienz auch erwähnt, dass dieses 65 %-Ziel auch „in den allermeisten Fällen durch den Einbau […] von Solarthermie“ möglich sei. Eine möglichst hohe dezentrale Energieautarkie kann durch verstärkten Einsatz von Solarthermie und Wärmespeicherung erreicht werden.
Die Veröffentlichung der Gebäudeenergiegesetz-Novelle (GEG) wurde für die zweite Jahreshälfte angekündigt und wird voraussichtlich frühestens zum Jahreswechsel 2023 gelten.
Beratung als Schlüssel zum kurz- und vor allem langfristigen Energiesparen
Völlig richtig hat das BWMK erkannt, dass „um fossile Energie zu sparen und auf Erneuerbare zu wechseln, […] gute Information und Beratung entscheidend“ sind. Neben den in Kürze beworbenen niederschwelligen praxisnahen Tipps, sollte die Regierung zusätzlich weiter auf ganzheitliche gewerkeübergreifende und langfristige Beratungen setzen, die als Maßnahmen z.B. im Beratungselement individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) zusammengefasst werden. Der GIH und seine über 2.600 Mitglieder unterstützen dabei, diese „Einsparpotenziale zu heben und den Wechsel auf Erneuerbare zu vollziehen.“
Arbeitsplan Energieeffizienz vom BMWK als PDF (17. Mai 2022)
Rückblick 10. GIH Bundeskongress in Berlin
Rückblick 10. GIH Bundeskongress in Berlin
Nach kurzer Begrüßung durch den stellvertretenden Bundesverbandsvorsitzenden Dieter Bindel startete das Programm mit einem spannenden Vortrag von Professor Martin Stuchtey von der Universität Innsbruck. Unter dem Titel „Deutschland auf dem Weg in die Klimaneutralität: Yes we can.“ forderte er eine ambitionierte Energiewende, um einen netto-positiven Wohlstand zu erreichen, in dem der Mensch nicht mehr im Widerspruch zur Natur lebt. Dazu gehöre eine neue politische Ökonomie der Landnutzung, eine Verringerung der Lebensmittelverschwendung und eine regenerative Landwirtschaft. Stuchtey ist sich sicher: „Ohne eine Revolution der Landnutzung erreichen wir die Klimaziele nicht. Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt müssen systematisch neu gedacht werden.“ Da es nicht ausreiche neue Energiequellen zu finden, sondern auch Effizienz und serielle Installationen im Gebäudesektor brauche, seien Energieberatende systemrelevant.
Im Vormittags- und Nachmittagsprogramm konnten Kooperationspartner des GIH in vierminütigen Vorträgen Best-Practice-Beispiele vorstellen. Zudem gab es ein Speed-Dating, bei dem sie sich und ihr Unternehmen, ihren Verband oder ihre Institution in rund einer Minute vorstellten. Weitere Infos konnten während des gesamten Kongresses im Ausstellungsbereich ausgetauscht werden.
Unter dem Titel „Gesetzliche und fördertechnische Rahmenbedingungen für Energieberatende“ legte der erste Teil des Nachmittagprogramms sein Augenmerk auf die in letzter Zeit sehr bewegte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) informierten über die aktuelle Förderpolitik und gaben Ausblicke auf deren Weiterentwicklung.
Jens Acker, der im BMWK für die BEG zuständige Referatsleiter, versicherte, dass die Förderung für effiziente Gebäude eine entscheidende Säule in der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung sei und trotz aller Widrigkeiten in jüngster Zeit starke Unterstützung genieße. Dies zeige auch die deutliche Zunahme an investierten Mitteln: Während 2019 noch rund 1,8 Milliarden Euro flossen, stieg der Betrag in 2020 auf etwa acht Milliarden. 2021 investierte der Bund bereits 18 Milliarden, für 2022 rechne er mit einer deutlichen Zunahme. Allerdings unterliege die Gebäudeeffizienzförderung der Haushaltsgesetzgebung des Parlaments und sei entsprechend begrenzt. Dass es zu einem Förderstopp kam, bedauere er sehr, allerdings sei durch die schnell und starke Überzeichnung des Programms eine Notlage entstanden.
„Wir werden sehr stark daran gemessen, wieviel CO2-Einsparung pro Fördereuro wir generieren“, ließ Acker wissen. Da dieser Wert bei Neubauten deutlich geringer ausfalle als bei der Sanierung im Bestand, habe der Bund bereits zu Jahresbeginn seine Förderpolitik neu fokussiert. Ein Weg, der auch im Zuge der für Sommer geplanten BEG-Reform weiter gegangen werden soll. Deren Ziel sei es, mehr und tiefere Sanierungen anzuregen und – Stichwort „Gasheizungsaustauschprämie“ – Anreize zum Umstieg von Gas auf erneuerbare Energien setzen.
Acker stellte aber klar, dass es abseits der eher technischen Fragen der BEG-Reform mit dem Fachkräftemangel bei umsetzenden Firmen oder den steigenden Baukosten und Zinsen auch Faktoren gebe, die der Fördermittelgeber nicht im Griff habe. Da die Förderung zudem ein politisches Programm sei, dass ständig neu justiert werden müsse, sei es auch schwierig, Energieberatenden klare und konstante Planungsbedingungen zu bieten.
Dr. Ina Bartmann, die für die BEG-Förderung zuständige Abteilungsleiterin beim BAFA, berichtete von einer jüngst hohen Nachfrage nach Wärmepumpen, einem massiven Anstieg an Anträgen auf Einzelmaßnahmen sowie einer starken Antragszunahme im Neubaubereich – aktuell würden ihre Behörde rund 15.000 Anträge pro Woche erreichen. Eine wahre Flut, der man mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz und einem für Sommer geplanten Sprachboard zu begegnen versuche. Außerdem habe die BAFA ihre Website um einen Bereich für Energieberater erweitert und diverse Verfahrensverbesserungen umgesetzt.
KfW-Prokurist Eckard von Schwerin berichtete, dass der Förderstopp überstanden und die Förderung durch seine Bank nun in Stufe 2 der Neubau-Förderung angelaufen sei. Für Anfang 2023 stellte er ein neues Programm „Klimafreundliches Bauen“ in Aussicht und erinnerte mit den Programmen zu altersgerechtem Umbauen, Brennstoffzellen, Erneuerbaren Energien, Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft sowie der Klimaschutzoffensive für den Mittelstand an weitere Fördermöglichkeiten außerhalb der BEG.
In der anschließenden Diskussionsrunde stellten die Referenten klar, dass es keine Förderung von Neubauten ohne NH-Klasse mehr geben wird. Wird die NH-Klasse nicht erreicht, müssen bereits erhaltene Förderungen wieder zurückgezahlt werden – eine Abstufung auf eine andere Stufe sei nicht mehr möglich. Über die genauen maximalen Fördersummen im BEG gäbe es derzeit keine Zahlen, da diese gerade im Rahmen des regulären Haushalts entschieden werden. Bisher gebe es nur Förderungen im Rahmen der (begrenzten) vorläufigen Haushaltsführung. Das BMWK plane eine Förderampel, mit der auf einen Blick ersichtlich sein soll, wie viel der maximalen Fördersumme bereits ausgeschöpft wurde.
Im zweiten Teil des Nachmittagsprogramms stellte der Architekt Dr. Burkhard Schulze Darup die Studie GEG 2.0 zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 vor. Dazu brauche es eine Kombination aus erneuerbaren Energien und Effizienz und eine gründliche langfristige Planung anstatt ad-hoc Fördermaßnahmen. Schule Darup ist der Ansicht, dass die Förderung von Effizienzhäusern mit QNG praktisch einen Förderstopp bedeute, da die konsequente Umsetzung des Qualitätssiegels zu Kostensteigerungen führe.
Viele der in den Vorträgen angerissenen Themen wurden im Rahmen der abendlichen Podiumsdiskussion weiter vertieft. Dort diskutierte Moderator Benjamin Weismann (Geschäftsführer GIH Bundesverband) mit Christian Maaß (Abteilungsleiter Energie im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), Lothar Fehn Krestas (Unterabteilungsleiter Bauwesen und Bauwirtschaft im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen), Ingeborg Esser (Hauptgeschäftsführerin im Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. GdW), Markus Müller (Präsident derv Architektenkammer Baden-Württemberg), Dr. Burkhard Schulze Darup (Schulze Darup & Partner Architekten) und Dieter Bindel (stellvertretender Bundesvorsitzender des GIH) darüber, welchen Beitrag Politik, Gesellschaft und Bauschaffende leisten müssen, um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen (bzw. die Sanierungsquote zu erhöhen).
Vortragsfolien
GIH Mitglieder haben die Möglichkeit, die Präsentationsfolien der Vorträge im internen Bereich (Login erforderlich) im Reiter „Bundesverband-Infos“ einzusehen.
Netzwerken in der begleitenden Ausstellung der GIH-Kooperationspartner
Fotos: GIH
Bildergalerie
GEG-Änderung zur Anhebung des Neubaustandards auf EH 55
GEG-Änderung zur Anhebung des Neubaustandards auf EH 55
Politischer Hintergrund
Der Koalitionsausschuss hatte am 23. März beschlossen, ab dem 1. Januar 2023 den Effizienzhausstandard 55 verbindlich festzulegen. Dafür sind Änderungen im Gesetz nötig. Ab 2025 soll laut Koalitionsvertrag der Neubaustandard auf das Effizienzhausniveau 40 weiter verschärft werden, um die Klimaziele 2030 und 2045 (klimaneutraler Gebäudebestand) zu erreichen.
Inhalte zum Referentenentwurf
Die Formulierungshilfe des GEG-Referentenentwurfs wurden laut dem Bau- und Klimaschutzministerium bewusst schlank gehalten. Sie beschränkte sich im Wesentlichen auf die Verankerung des EH 55 als Neubaustandard, bis er von der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Verschärfung auf EH 40 ab 1.1.2025 abgelöst wird. Dazu werden in der bestehenden Systematik Anforderungswerte für die energetischen Kenngrößen zu Primärenergiebedarf und Gebäudehülle angepasst. Neben redaktionellen Folgeänderungen und Klarstellungen werden darüber hinaus lediglich eine systematische Benachteiligung von Fernwärme aus Großwärmepumpen gegenüber Fernwärme aus KWK-Anlagen oder Wärmeerzeugern mit fossilen Energien behoben sowie ein pauschales Berechnungsverfahren für die Anrechnung von PV-Strom bei der Gebäudebilanzierung gestrichen, das in der Praxis z. T. zu widersprüchlichen Ergebnissen führte. Des Weiteren sollen befristete Erleichterungen im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Vorschriften des GEG eingeführt werden für Gebäude, die der Unterbringung von geflüchteten Menschen dienen.
Ein detaillierterer Überblick findet sich in der Begründung zur Formulierungshilfe am Ende des Gesetzesentwurfs.
Die Berechnung des Erfüllungsaufwands soll noch ergänzt werden.
Einschätzung des GIH und weiterer Experten
Der Referentenentwurf ist die konsequente Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Einführung des EH 55 Standards.
- Zudem werden die neuen Verfahren zur Anrechnung von EE-Strom nach § 23 Absatz 2 und 3 aus dem GEG gestrichen, die in der BEG ohnehin nicht angewendet werden dürfen. Auch dies ist also eine Angleichung an die BEG-Regelungen (Technische FAQ 12.04).
- Eine weitere Angleichung gibt es zu den Wärmebrücken in § 24. Ein Gleichwertigkeitsnachweis ist durch die geplante Änderung dann – wie in der BEG – für alle Wärmebrücken erforderlich, auch für solche mit niedrigeren U-Werten als in den Musterkonstruktionen aus Beiblatt 2 zur DIN 4108 (TFAQ 7.04).
- Zum Primärenergiefaktor von gasförmiger Biomasse wird klargestellt, dass dieser bei Gasgemischen (Erdgas/Biomethan) nur für den Anteil des Biomethans eingesetzt werden darf.
- Die Verschärfung auf Effizienzhaus 55 (Wohngebäude) und Effizienzgebäude 55 (Nichtwohngebäude) wird in allen Nachweisarten umgesetzt. Dies betrifft also auch das Modellgebäudeverfahren oder die Innovationsklausel.
- Die im Entwurf beinhalteten Erleichterungen für Flüchtlingseinrichtungen werden direkt nach der Veröffentlichung in Kraft treten.
Das Gesetz muss noch vom Bundestag beschlossen werden. Es gilt als wahrscheinlich, dass es ohne große Veränderungen verabschiedet wird.
Weitere noch nicht im Entwurf berücksichtigte Änderungen
Allerdings fehlen noch weitere im Koalitionsvertrag angekündigte Veränderungen wie z.B. die verbindliche Umstellung der Wohngebäude auf DIN V 18599, die Bilanzierungsänderung von Treibhausgasen statt Primärenergie, die Verschärfung zum EH/EG 40 ab 2025 und die Solarpflicht für Nichtwohngebäude (bei Wohngebäude solle es nur „die Regel“sein.)
Des Weiteren ist auch die sehr wichtige, weil einschneidende verpflichtende Regelung zum Einbau von Heizungsanlagen in Neubauten und bei Sanierungen noch nicht vorhanden. Ab 2024 sollen neue Heizungen auf 65 Prozent erneuerbaren Energien basieren. Viele sehen darin das Aus von neuen Öl- und Gasheizungen, da zum Beispiel eine Solaranlage und Lüftungsanlage in Kombination mit Brennwertgeräten diesen Wert nicht abdecken kann. Einige Regelungen, wie etwa die angekündigte Ausweitung der Ölaustauschprämie auf alte Gasanlagen, werden auch Teil der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sein. Diese wird im Rahmen des „Sommerpakets“ in wenigen Monaten bekannt gegeben.
Änderung des Gebäudeenergiegesetzes mit Formulierungshilfe – Referentenentwurf vom 27.04.2022