Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
das Gebäudeenergiegesetz befindet sich im parlamentarischen Verfahren, kurz vor Weihnachten hat der Bundesrat eine umfangreiche Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung abgegeben. Als Deutschlands größter Energieberaterverband unterstützen wir diese in hohem Maße, bedauern jedoch, dass der Rat den vorangegangenen Empfehlungen seiner Ausschüsse nicht in vollem Umfang gefolgt ist. Aus der Sicht unserer Mitglieder, deren Hauptaufgabe die Planung, Begleitung und Qualitätssicherung energetischer Maßnahmen ist, drohen so leider einige praxisrelevante Verbesserungen auf der Strecke zu bleiben.
Wie eine kürzlich vom BMWi veröffentlichte Evaluation zeigt, führen geförderte Energieberatungen zu deutlich mehr energetischen Sanierungen. Dass der aktuelle Gesetzesentwurf bei umfangreichen Sanierungen (§ 48) oder Verkäufen (§ 80) eine verbindliche Beratung vorsieht, ist daher zielführend. Dass er jedoch die Beratergruppe exklusiv auf die Berater der sehr hoch geförderten Verbraucherzentralen (VZ) (deren Förderung im Gesetzesentwurf unter „E Erfüllungsaufwand“ nicht erscheinen) einschränkt, ist äußerst kritisch. Zum einen sehen wir in dieser Beschränkung eine wettbewerbliche Benachteiligung vieler freier Energieberater, die zwar hoch qualifiziert, aber nicht für die VZ tätig sind. Zum anderen drohen Kapazitätsengpässe: Aufgrund konservativer Hochrechnungen wie des Immobilienmarkbericht Deutschland 2017 (Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse) erwarten wir für die besagten Pflichtberatungen ein jährliches Aufkommen von 300.000 bis 500.000 Beratungen oder mindestens 37.500 Beratungstagen. Dieses kann von den aktuell knapp 600 für die VZ tätigen Energieberatern jedoch nicht annähernd abgearbeitet werden. Eine Verzwanzigfachung der VZ-Honorarkräfte wäre nach unseren Berechnungen nötig. Zudem sucht die VZ bereits jetzt in fast 50 Regionen weitere Energieberater.
Anhand eins Beispiels möchten wir Ihnen den zusätzlichen Aufwand für Sanierer und die Absurdität des Paragraphen darstellen: Ein Hausbesitzer möchte energetisch sanieren und lässt sich von einem Energieberater seines Vertrauens beraten und ein Konzept in Form eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) entwickeln. Um den gesetzlichen Auflagen Genüge zu tun, müsste dieser hochqualifizierte Energieberater den Hauseigentümer vor der Sanierung noch zusätzlich an einen Berater der Verbraucherzentrale verweisen!
Vor diesem Hintergrund fordern wir, den zugelassenen Beraterkreis auf alle in der Energieeffizienz-Expertenliste der Deutschen Energie-Agentur (dena) gelisteten Berater auszuweiten. Die dena-Liste wurde über Jahre hinweg mit Steuermitteln und viel Aufwand aufgebaut, die derzeit dort geführten rund 11.000 Berater müssen ihre hohe Qualifikation fortlaufend durch Schulungen und Umsetzungen nachweisen und sind außerdem für Bundesförderprogramme ausstellungsberechtigt.
Zudem sieht der aktuelle Gesetzesentwurf die verbindliche Energieberatung derzeit nur für Ein- und Zweifamilienhäuser vor. Größere Wohnhäuser sowie Nichtwohngebäude bieten jedoch ebenfalls hohe CO2-Einsparpotenziale. Wieso also sollen sie von der Beratungspflicht ausgenommen werden? Da eine Beratung auch für diese Gebäudetypen sinnvolle energetische Modernisierungsmaßnahmen anregen kann, treten wir für eine entsprechende Ausweitung ein.
Ebenso wie die Ausschüsse des Bundesrats sind uns online erstellte Energieausweise sowie Verbrauchsausweise ein Dorn im Auge. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist es entscheidend, dass Energieausweise aussagekräftig und vergleichbar sind. Bei den genannten Typen ist dies nicht der Fall: Die auf Basis zugesandter Daten erstellten Online-Ausweise sind unzuverlässig und die Werte der auf dem Verhalten bisheriger Bewohner beruhenden Verbrauchsausweise nicht übertragbar. Will der Gesetzgeber ein wirklich tragfähiges Beurteilungsinstrument vorhalten, müssen Verbrauchsausweise im neuen Gebäudeenergiegesetz abgeschafft und Bedarfsausweise mit einer Begehungspflicht (§ 83) versehen werden.
Ferner verweist das GEG auf DIN-Normen (§ 7), ohne deren Kenntnis sein Regelungsgehalt nicht nachvollziehbar ist. Unter Bezug auf den Grundsatz der Öffentlichkeit von Vorschriften sowie auf die Bekanntmachungspflicht fordern wir, dass ein transparenter und kostenloser „Jedermannszugang“ zu allen relevanten Normen und Vorschriften in den Gesetzestext aufgenommen wird.
Zusätzlich hat der GIH schon bei den vorherigen Versionen des GEGs vielfältige Vorschläge formuliert. Eine Übersicht finden Sie hier. Die ausführlichen Details dazu hier.
Wir freuen uns, dass wir Ihnen unsere Anliegen und Bedenken nahe bringen durften und hoffen, dass Sie diese im weiteren parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren unterstützen werden. Für Fragen und Gespräche stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.
GEG: Kritik der Bundesratsausschüsse trifft ins Schwarze (18.12.2019)