Ziele von Ariadne
Die Bundesregierung hat sich ambitionierte Klimaziele bis zum Jahr 2030 gesetzt. Doch das Stecken der Ziele allein gewährleistet noch keinen Erfolg. Deswegen hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung das Kopernikus-Projekt „Ariadne“ ins Leben gerufen, das Wege durch die komplexen Detailfragen der Energiewende aufzeigen soll. Das Projekt mit seinen mehr als 25 wissenschaftlichen Partnern erforscht Energiewende-Strategien und sektorale Wechselwirkungen, Politikinstrumente, Institutionen und Governance-Strategien, um die Klimaziele „effizient und sozial ausgewogen“ (BMBF) zu erreichen und einen „effektiven Klimaschutz zu gestalten“ (BMBF). Von Beginn an wurden politische Entscheider, Wirtschaftsvertreter sowie Bürgerinnen und Bürger über einen groß angelegten Dialogprozess eingebunden.
Im Rahmen dieses Projektes wurde die GIH-Mitgliederstruktur durch ein Projektteam der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) untersucht. Die wissenschaftliche Umsetzung erfolgte dabei durch Prof. Dr. Marc Ringel und Saranda Mjekic. Die HfWU erforscht insbesondere die Rolle der Energieberater als wesentliche Akteure „für die Vermittlung von Lösungen im Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien“ (HfWU).
Ziel der Umfrage
Ziel der Umfrage war die Analyse der Rahmenbedingungen und Beratungsangebote für den Abruf von Bundesförderungen sowie die optimale Förderung privater (und öffentlicher) Investition in den Ausbau erneuerbarer Energien und Beschreibung von durch Berater wahrgenommenen Investitionsbarrieren. Dabei sollte untersucht werden, welche Hemmnisse für die Beratung durch die Politik beseitigt und welche Geschäftsfelder erschlossen werden sollten und welche Bedeutung der Energieberatung als Schnittstelle zwischen Politik, Sanierungsakteuren und Verbrauchern zukommt.
So konnte der GIH nicht nur seine eigenen Strukturen, sondern auch die Strukturen auf dem deutschen Energieberatungsmarkt besser kennenlernen, um die politische Verbandsarbeit künftig noch effizienter gestalten zu können. Der vorliegende Bericht bietet nur eine kurze Zusammenfassung der sehr umfangreichen Umfrageergebnisse.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
- Das Durchschnittsalter von GIH-Mitgliedern beträgt 54 Jahre und der Anteil von Energieberaterinnen im GIH % hat sich seit 2017 von 9 % auf 11 % erhöht.
- Der GIH besteht hauptsächlich aus Handwerksmeistern und Ingenieuren, ein großer Teil sind auch Techniker oder Architekten.
- Unter den Handwerksmeistern sind die meisten Schornsteinfeger, Installateure und Heizungsbauer sowie Zimmerer vertreten.
- Das Hauptbetätigungsfeld von eingetragenen Energieeffizienzexperten war im Jahr 2020 die Energieberatung für Einzelmaßnahmen bei Wohngebäuden, gefolgt von KfW-Effizienzhäusern bei Wohngebäuden und die BAFA-geförderte Energieberatung für Wohngebäude. Weniger Energieeffizienzexperten sind im Nichtwohngebäudebereich aktiv.
- GIH-Mitglieder haben fast die Hälfte (46 %) aller BAFA-geförderten iSFPs ausgestellt und insgesamt 34 % der gesamten Anträge im Wohngebäudebereich des BAFA durchgeführt.
- Die meisten GIH-Mitglieder sind sowohl mit den Förderhöhen als auch dem Antragsverfahren beim BAFA unzufrieden.
- Die Hälfte aller GIH-Mitglieder führt reine Energieberatungsbüros.
- Der Großteil (91 %) aller GIH-Energieberater sind selbständig mit eigenem Büro, Betrieb oder Unternehmen. Dabei hat ein Viertel der Mitglieder mindestens 2 Mitarbeiter. GIH-Mitglieder sind also auch Arbeitgeber!
- Die große Mehrheit der GIH-Mitglieder bringen mindestens elf Jahre Berufserfahrung mit, 35 % sogar über 20 Jahre. Im GIH befindet sich also eine große Expertise in der Energieberatung!
- Der Einfluss der Corona-Pandemie auf die Energieberatungstätigkeit wurde im Jahr 2020 als eher positiv bewertet. Das lässt das ungewöhnliche Jahr 2020 trotz aller Umstände als durchaus erfolgreich verbuchen.
- Der GIH kann durch die Umfrageergebnisse wertvolle Schlüsse für die energiepolitische Verbandsarbeit ziehen.
- Die Ergebnisse stellen einen wichtigen Baustein dar, um gesellschaftlich tragfähige Energiewende-Strategien insbesondere in der Energieberatung entwickeln zu können. Die GIH-Energieberater sind wichtige Akteure auf dem Weg zur Energiewende!
An der Online-Befragung beteiligten sich 514 von rund 2.400 GIH Mitgliedern, was einer erfreulich hohen Rücklaufquote von ca. 22 % entspricht.
Definition Energieberatung
Energieberatung wurde in der vorliegenden Umfrage definiert als das gesamte Aufgabengebiet eines Energieberaters. Dieser Definition folgend geht Energieberatung über die reine Beratung hinaus und bezieht auch beispielsweise Planung, Umsetzung durch Baubegleitung und Beratung zu Förderprogrammen mit ein. Nicht dazu gehören handwerkliche Leistungen wie Statikberechnungen.
Ergebnisse
Das Durchschnittsalter von GIH-Mitgliedern beträgt 54 Jahre. Im Gegensatz zur Erhebung im Jahr 2017 ist das Durchschnittsalter der Mitglieder etwas angestiegen (in 2017: 53,5 Jahre). Der Anteil von Energieberaterinnen ist im Vergleich zum Jahr 2017 gestiegen. Während im Jahr 2017 9 % der Mitglieder weiblich waren, sind es derzeit 11 %. Der Großteil der GIH-Mitglieder ist aber nach wie vor männlich.
Die Umfrage hat gezeigt, dass der GIH größtenteils aus Handwerksmeistern (38 %) und Ingenieuren (31 %) besteht. Einige Mitglieder sind außerdem Techniker oder Architekten. Die meisten Ingenieure sind dabei Bau-, Elektro-, und Maschinenbauingenieure, weitere kommen aus dem Hochbau, der Physik oder Bauphysik. Unter den Handwerksmeistern sind am meisten Schornsteinfeger (35 %), Installateure und Heizungsbauer (16 %) und Zimmerer (17 %) vertreten. Die nächstgrößeren Gruppen von Handwerkern im GIH sind Tischler (8 %), Maurer und Elektrotechniker (jeweils 6 %) gefolgt von Malern und Lackierern und Stuckateuren (jeweils 4 %). Auch Metallbauer, Dachdecker, Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer und Ofen- und Luftheizungsbauer sind mit jeweils 1 % im GIH vertreten. Siehe hierzu Abbildungen 1 bis 4.
Das Hauptbetätigungsfeld der Mitglieder, die in der Energieeffizienz-Expertenliste der dena eingetragen sind, war im Jahr 2020 die Energieberatung für Einzelmaßnahmen bei Wohngebäuden. Wie Abbildung 5 zeigt, sind 90 % der eingetragenen Berater in diesem Tätigkeitsfeld aktiv. Das zweitgrößte Betätigungsfeld war mit 86 % die Energieberatung für KfW-Effizienzhäuser bei Wohngebäuden, dicht gefolgt von der Energieberatung für Wohngebäude vom BAFA mit 79 % aller eingetragenen Berater. Weitere große Tätigkeitsbereiche sind die Energieberatung für Einzelmaßnahmen bei Nichtwohngebäuden (KfW) und KfW-Effizienzgebäude, Energieberatung im Mittelstand (BAFA) und Energieberatung für Nichtwohngebäude von Kommunen (BAFA). Insgesamt ein Viertel der eingetragenen Berater sind auch im Denkmalbereich aktiv.
Die für die Förderprogramme des BAFA zugelassenen GIH-Mitglieder haben im Jahr 2020 34 % der gesamten Anträge im Bereich Wohngebäude und davon 46 % der gesamten Anträge im Bereich Wohngebäude als iSFP gestellt. GIH-Mitglieder haben im Jahr 2020 also bundesweit fast die Hälfte aller iSFPs erstellt und haben damit einen entscheidenden Anteil am Volumen der durchgeführten BAFA-Beratungen!
Alle teilnehmenden Energieberater halten die Höchstsummen förderfähiger Kosten pro Wohneinheit bei BAFA-geförderten Einzelmaßnahmen in der Sanierung im Jahr 2020 für zu niedrig. 30 % der Berater hält 60.000 Euro für angemessen, 36 % der Berater würde sich 80.000 Euro förderfähige Kosten wünschen, etwa ein Fünftel hätte gerne 100.000 Euro zur Verfügung und 11 % halten 120.000 oder 140.000 Euro jährlich für BAFA-Einzelmaßnahmen für angemessen. Es zeigt sich in diesen Zahlen eine generelle Unzufriedenheit mit dem BAFA als Fördermittelgeber, die davon untermauert wird, dass 91 % der GIH-Mitglieder das Antragsverfahren bei der KfW bevorzugen und für die Umsetzung der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bevorzugen würden.
Besonders kritisiert wurde in diesem Zusammenhang, dass das BAFA sehr lange für die Bearbeitung von Anträgen benötige, die Antragstellung insgesamt eher unübersichtlich und kompliziert abliefe sowie das BAFA schlecht erreichbar sei. Im Gegenzug dazu seien Förderzusagen von der KfW innerhalb kürzester Zeit beim Kunden, die telefonische wie schriftliche Erreichbarkeit der KfW seien hervorragend und insgesamt liefe der Antragsprozess wesentlich unbürokratischer und unkomplizierter ab.
Darüber hinaus hat die Umfrage ergeben, dass über die Hälfte aller Teilnehmenden reine Energieberatungsbüros führen. Wie Abbildung 6 zeigt, sind 10 % in Architekturbüros, 9 % in Bauingenieurbüros, 3 % in Planungsbüros, 7 % in Handwerksunternehmen und 10 % in Schornsteinfegerbetriebe und einige wenige andere Büros tätig. Die reinen Energieberatungsbüros werden dabei hauptsächlich von Ingenieuren und Technikern geführt.
Bemerkenswert ist, dass 91 % aller GIH-Energieberater selbständig mit eigenem Büro, Betrieb oder Unternehmen sind. Lediglich fünf Prozent sind in Energieberatungsbüros angestellt oder arbeiten als freie Mitarbeiter. Nur ein Prozent ist bei Energieversorgungsunternehmen oder Stadtwerken tätig. Von den selbständigen Energieberatern arbeiten fast zwei Drittel als Soloselbständige. Ein Viertel unserer Energieberater beschäftigt 2-3 Mitarbeiter. Ein kleiner Teil beschäftigt mehr als vier oder sogar über 50 Mitarbeiter.
Abbildung 7 zeigt, dass GIH-Mitglieder einen enormen Erfahrungsschatz in der Tätigkeit als Energieberater mitbringen. So hat die große Mehrheit (67 %) mindestens elf Jahre Berufserfahrung, darunter finden sich 35 % der GIH-Mitglieder mit über 20 Jahren Berufserfahrung. Lediglich 18 % der Mitglieder bringen unter fünf Jahren Berufserfahrung in den Verband mit.
Über die Hälfte aller Handwerker im GIH gaben an, dass sie nach wie vor die veralteten DIN-4108 und DIN-4701 anwenden. Aber auch in den Gruppen der Ingenieure, Architekten und Technikern zeigen die Umfrageergebnisse offene Baustellen diesbezüglich. Selbstverständlich bietet der GIH seinen Mitgliedern gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern entsprechende Weiterbildungen für Energieberater zu aktuellen Themen, Förderungen, neu entwickelten energetischen Produkten – und auch der Berechnung nach DIN-Normen – an.
Einige Hemmnisse in der Energieberatung dürften nach wie vor an genereller Unwissenheit und mangelnder Sensibilisierung der Kunden zum Thema Erneuerbare Energien und Energieeffizienz liegen. Auch die Komplexität und häufige Änderung der Förderbedingungen und Gesetzen sind Gründe, dass Kunden von einer Energieberatung eher absehen. In offenen Fragen gaben die Umfrageteilnehmer darüber hinaus an, dass Kunden häufig falsche Informationen einerseits aus den Medien, andererseits von Kurzberatungen der Verbraucherzentralen und unerfahrenen Beratern bekämen, die sie als Energieberater wieder glätten müssten. Außerdem geben sie an, dass ihre Arbeit häufig vom Kunden nicht wertgeschätzt werde und diese den Nutzen der Energieberatung (auch in Zusammenhang mit dem Stundenlohn des Energieberaters) nicht erkennen würden. Auch die geringe Verfügbarkeit von Energieberatern und damit die hohe Auslastung der Baubranche wurde kritisiert.
Wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Energiewende unter intensivem Einbezug der Energieberatung könnten folglich sein:
- den Energieberater als eigenes Berufsbild etablieren,
- die Werbung und Information über Förderprogramme ausweiten,
- qualitativ und preislich zu niedrige (Online-Energieausweis, billige Beratung etc.) verbieten,
- Sensibilisierung für das Thema Energieeffizienz und Klimawandel schaffen,
- strengere gesetzliche Regularien für Eigentümer bezüglich Energieeffizienz festlegen,
- Energiepreise erhöhen, um den Anreiz zur Investition in erneuerbare Energien zu steigern.
Nichtsdestotrotz ist es in dem ungewöhnlichen Jahr 2020 ein erfreuliches Ergebnis, dass die Mehrheit der GIH-Mitglieder den Einfluss von Covid-19 als sehr positiv bis eher positiv bewertet hat, siehe Abbildung. Die größte Gruppe an Mitgliedern hat dabei mit 44 % „eher positiv“ angegeben, während insgesamt 16 % der Mitglieder den Einfluss der Pandemie auf ihre Arbeit sogar als „positiv“ oder „sehr positiv“ bewertet haben. Nur insgesamt 11 % geben einen negativen oder sehr negativen Einfluss von Covid-19 auf die Auftragslage an. Das Jahr 2020 lässt sich auf dem Energieberatungsmarkt trotz aller Umstände als durchaus erfolgreich verbuchen.
Fazit
Durch die GIH-Mitgliederumfrage konnten einerseits wertvolle Schlüsse für die energiepolitische Verbandsarbeit des GIH gezogen werden. Andererseits stellen die Ergebnisse dieser Umfrage einen wichtigen Baustein dar, um gesellschaftlich tragfähige Energiewende-Strategien insbesondere in der Energieberatung entwickeln zu können. Der GIH dankt allen Mitgliedern, die an der Umfrage 2020 teilgenommen haben. Die GIH-Energieberater sind wichtige Akteure auf dem Weg zur Energiewende.
Auswertung Mitgliederbefragung 2020
Quellen:
https://www.hfwu.de/marc-ringel/ariadne/#c65420-2
https://ariadneprojekt.de/#ueber-ariadne
HfWU/Mjekic, Ringel (2021): Mitgliederbefragung der GIH-Mitglieder 2020 (unveröffentlicht)