Inhaltliche Kommentierung
Die mit bis zu 40 Prozent weiterhin sehr hoch geförderten Wärmepumpen und Wärmenetze sind sehr wichtig für die Energiewende im Gebäudesektor, allerdings spielt neben Erneuerbaren Heizungen auch die Energieeffizienz eine wichtige Rolle. Die Energieeffizienz kommt allerdings wieder zu kurz. Maßnahmen an der Gebäudehülle (inkl. Lüftungsanlagen und Efficiency Smart Home) werden mit 5 Prozent weniger (15 Prozent anstatt den vorherigen 20 Prozent) gefördert und somit deutlich schlechter als Einzelmaßnahmen in der Gebäudetechnik. So besteht die Gefahr, dass Wärmepumpen aufgrund der hohen Fördersätze in nicht dafür ausgelegte Altgebäude eingebaut werden, ohne deren Hülle zu sanieren, und die Wärmepumpe im Winter somit das Gebäude dann als Heizstab mit Strom direkt heizt.
Das Gebäude ist aber ganzheitlich anzugehen. So macht es auch keinen Sinn, dass Einzelmaßnahmen besser gefördert werden als Sanierungen zum Effizienzgebäude. Es wird vor allem zu Inselsanierungen von gewerkespezifischen Einzelmaßnahmen kommen. Lock-In-Effekte werden dann unvermeidbar die Folge sein. Warum werden Einzelmaßnahmen mit bis zu 40 Prozent gefördert, die durchaus nicht umambitionierte Sanierung zu EH 85 aber nur mit 5 Prozent, bzw. mit 5 Prozent EE-Bonus höchstens mit 10 Prozent? Natürlich ist zu beachten, dass der derzeitige KfW-Zinssatz von 0,01 Prozent einem Zinsvorteil von rund 15 Prozent entspricht. Allerdings schreibt das BMWK dazu, dass diese Zinsverbilligung für neu gewährte Förderkredite „u.a. in Abhängigkeit vom Marktzinsniveau schwanken“ könne. Darauf kann man also mittel- bis langfristig nicht bauen.
Viele werden demzufolge nur nach aktuellem niedrigen GEG-Standard sanieren, weil die steigenden Kosten und die geringere Förderung keinen Anlass bieten, ambitioniert und zukunftsweisend zu sanieren. So schaffen wir es noch nicht mal ansatzweise, die vereinbarte CO2-Einsparung zu erreichen.
Ein positiver Lichtblick ist, dass der „Heizungsaustausch-Bonus“ von Öl- auf Gasheizungen, die älter als 20 Jahre sind, und Nachtspeicheröfen ausgeweitet wird. Dass der iSFP-Bonus auf Maßnahmen der Gebäudehülle, Lüftungsanlagen und Heizungsoptimierung begrenzt wird, ist nachvollziehbar, da bei einem Heizungsaustausch einer ohnehin defekten Heizung oft ein Mitnahmeeffekt bestand, auch wenn Energieberater bei dem iSFP-Gespräch einige Sanierungswillige von weiteren ganzheitlichen Maßnahmen überzeugen konnten.
Auswirkungen auf die Energieberater und die Wirtschaft und somit auf die Energiewende
Viele Energieberater sind verzweifelt und wütend, dass wieder Förderbedingungen über Nacht geändert wurden. Viele müssen nun ihre Planungen über den Haufen werfen. Zum Beispiel ist es oft ein großer Aufwand, eine berechnete Sanierung zum EH 100 nun auf EH 85 anpassen zu müssen. Es ist unklar, ob die Kunden gewillt sind, diese Extraleistung zu zahlen. Somit haben die Energieberater aus Sicht der Kunden faktisch unwissentlich „falsch“ beraten, müssen den Frust der Kunden einstecken und darum kämpfen, die teils obsolete Beratungsleistung vergütet zu bekommen.
Durch den Wegfall der Zuschussförderung in allen Bereichen werden insbesondere Wohnungseigentümergemeinschaften weniger sanieren, weil diese WEGs oft keine Kredite aufnehmen können bzw. wollen. Auch ältere sanierungswillige Hausbesitzer, die ohnehin kaum Kredite bei der Bank bekommen und mit ihrem Barvermögen sanieren möchten, werden wegen der Streichung der Zuschussprogramme für Effizienzhäuser häufig nichts mehr sanieren. Hier muss aus sozialen Gründen unbedingt nachgebessert werden.
Bauträger berichten ebenfalls, dass sie deutlich weniger sanieren und bauen werden. Auch Baugenossenschaften haben ihre Bautätigkeit – oft auch für Sozialwohnungen – schon eingestellt und durch die gestiegenen Baukosten nehmen auch Unternehmen Abstand von Sanierungen.
Appell an die Politik
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat vor sechs Monaten in der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“ die BEG-Förderung als „breit angelegt und solide ausfinanziert“ beschrieben. Zudem teilten das BMWK und BMWSB in ihrem Sofortprogramm vom 13. Juli mit: „Richtschnur für die Neuausrichtung der BEG ist die Sicherstellung der Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestands ab 2045“. Dies kann mit den deutlichen Kürzungen nicht erreicht werden.
Anstatt (wie versprochen) eine einheitliche Vorgehensweise für die Förderprogramme zu finden, gibt es nun wieder unterschiedliche Fristen bei der KfW und dem BAFA. Zudem sind die Bedingungen zur steuerlichen Förderung nun nicht mehr analog. Das BMWK verwies auf Nachfrage lediglich auf das Finanzministerium.
Der GIH kritisiert, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung viel zu kurzfristig war und unmittelbar in den Sommerferien liegt. Die permanenten Änderungen der Förderlandschaft sowie Starts und Stopps von Förderprogrammen bewirken eine Planungsunsicherheit bei Bauherren und Energieberatern.
Insgesamt ist die BEG-„Reform“ ein Streichprogramm und somit ein Rückschritt im Klimaschutz. Die zukünftigen Fördermittel sind leider nun so unattraktiv, dass viele ihre erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr angehen werden.
Zitate von Energieberatern des GIH
„Der Schlingerkurs der Bundesregierung erschwert unsere Arbeitsbedingungen erheblich. Eine zuverlässige und langfristige Kapazitäts- und Personalplanung ist unter diesen Voraussetzungen schlicht und einfach nicht möglich.“
„Die Kunden sind sehr verärgert und stornieren zum Teil schon jetzt die in Kürze geplanten Sanierungen, weil die Banken schon ankündigten, dass ohne die bisher erwartbaren Zuschüsse die Finanzierungen deutlich schlechter werden.“
„Wir stehen wieder vor einem Scherbenhaufen von zurückgezogenen Aufträgen von Sanierungswilligen – für die wir schon wochenlange Vorarbeit geleistet haben.“
„Wer ein Effizienzhaus 100 vorbereitet hat, muss teils komplett neu planen, da dieses gestrichen wurde, obwohl es für bestimmte Gebäude (z.B. am Hang oder mit Bodenplatte) kaum andere Möglichkeiten gibt.“
„Wir verspüren wegen der unsicheren Förderstruktur ein ungutes Bauchgefühl. Wie sollen wir da die Kunden von langfristigen Sanierungsmaßnahmen überzeugen?“
„Wieso entsenden wir Mitarbeiter zu kostspieligen und zeitaufwendigen Weiterbildungsmaßnahmen, um eine Zulassung beim BAFA zu erhalten, wenn parallel die Anreize dafür Stück für Stück gestrichen und gekürzt werden?“
„Was bringen 5 Prozent Förderung für ein Denkmal sowie das EH 85? Das entspricht 6.000 Euro Zuschuss bei einem Einfamilienhaus. Ich frage mich, ob das der Aufwand wert ist.“
„Quintessenz: Gut beraten ist, wer gleich die Finger von der Sanierung lässt.“
„Als Energieberater fühle ich mich derzeit wie ein Esel, dem abwechselnd ein Sack voller Karotten vor das Maul gehängt wird und dem dann, kaum in Bewegung, ein paar Schritte später wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.“