Vor allem zu den jüngsten Entwicklungen bei der Fördermittelvergabe gab es viel Diskussionsbedarf. „Das Vertrauen zwischen Politik und Energieberatenden hat aktuell nicht den besten Stand. Wir müssen den Fokus der Kontrolle weniger auf die Förderung und mehr auf die Ausführung legen – auch zum Schutz der Eigentümer“, machte der scheidende Bundesvorstand Jürgen Leppig deutlich.
Der GIH-Bundeskongress Mitte Mai in Berlin brachte den knapp 200 Gästen spannende Einblicke in die breiten Themenfelder der Energieberatung. Vorstände der Landesverbände, Mitglieder und Kooperationspartner tauschten sich zu Vorträgen, Best-Practice-Beispielen und einer anschließenden Podiumsdiskussion aus.
Ein Vortrag zur Bedeutung von Gebäudeautomation als Bestandteil der Energieberatung gab einen Ausblick in zukünftige technische Entwicklungen. Ganz nach dem Motto: Manchmal ist weniger mehr. Smart Home ist sinnvoll, wenn es richtig umgesetzt wird, denn Energieeffizienz besteht nicht nur aus Heizung und Dämmung. Prof. Dr. Michael Krödel von der TH Rosenheim erläuterte, dass die Messbarkeit ein wichtiges Instrument zur Kostenreduktion sei: „Nur mit Referenzwerten lassen sich die verschiedenen Geräte auch effizient dem Nutzungsverhalten anpassen und sparen Energie“. Auch für Gebäudeautomation gebe es bereits Fördermöglichkeiten.
Ein weiteres Thema der Veranstaltung war das Serielle Bauen und Sanieren. Grundsatzfragen und Fördermöglichkeiten bestimmten den Vortrag von Nils Bornmann. „Wir benötigen maßgeblich neue Lösungen, um den steigenden Anforderungen des Seriellen Bauens gerecht zu werden. Automatisierte Verfahren und zunehmende Digitalisierung sorgen für mehr Geschwindigkeit, bessere Konkurrenzfähigkeit und Wirtschaftlichkeit für den Endverbraucher“, so der Seniorexperte für Analysen und Gebäudekonzepte der Deutschen-Energie-Agentur (dena).
Die Motivation, neue Schritte zu gehen und sich auf klimafreundliche Ressourcen und Prozesse zu spezialisieren, ist groß. Doch wie auch im vergangenen Jahr, ist der Fachkräftemangel ein stetiger Begleiter des Alltagsgeschäfts. Stefan Wenzel, Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sagte hierzu in seiner Grußbotschaft: „Wir müssen umdenken und gegenüber den unterschiedlichen Technologien offenbleiben. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt und erneuerbare Energien sind unabdingbar für die Reduzierung von CO², allerdings dürfen sie nicht zum Luxusgut werden.“
Aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gab Ministerialdirigent Lothar Fehn Krestas Einblicke in die Bereiche Nachhaltigkeit und Neubauförderung. Mit den höchsten Co² Ausstoßwerten sei der Bausektor in der Verantwortung, seinen Teil zur Energiewende beizutragen. Politik und Wirtschaft bräuchten also ein gutes Zusammenspiel, um den Herausforderungen gewachsen zu sein. Die Energieberatenden spielen hierbei eine wichtige ausführende und unterstützende Rolle für Unternehmen und Eigentümer.
Auf dem Podium des Kongresses suchten Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden und Politik gemeinsam nach Lösungen und zukunftsgewandten Strategien. Die Ausgangsfragen der Diskussion lautete: „Wie meistern wir die kurz-, mittel- und langfristigen Herausforderungen im Gebäudesektor, um das Ziel der Klimaneutralität 2045 zu erreichen und welche Rolle spielen dabei Energieberatende, Gesetze, Förderung und Themen wie Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel sowie Serielles Bauen und Sanieren?“
Sören Bartol, Parlamentarischer Staatssekretär für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen forderte mehr Klarheit: „Es gibt viele Faktoren, die wir berücksichtigen müssen und am Ende dürfen wir mit unseren Richtlinien niemanden überfordern. Die Betreiber und Bauherren brauchen Planungssicherheit, damit wir unsere Ziele für 2045 erreichen. Ein Mittel der Wahl ist zum Beispiel die kommunale Wärmeplanung. Anhand von Potenzialanalysen können Bedarfe festgestellt werden, die auch den Schutz der Mieter berücksichtigen müssen.“
Aus dem Publikum kam daraufhin die Forderung, die Wärmewende nicht ausschließlich auf den Heizungsbau zu fokussieren. Es benötige mehr unabhängige Beratung, um Gebäude individuell bewerten zu können und dementsprechend effizient auszustatten. Bisher sei eine Energieberatung für jede Fördermaßnahme verpflichtend – außer für die Heizungsförderung.
Am Ende gab es keine Pauschallösung, allerdings waren sich die Diskutanten einig, dass alle Beteiligten dasselbe Ziel vor Augen sehen sollten: Es müssen mehr Absprachen zwischen Gewerken, Energieberatenden und Politik stattfinden, denn bisher wird das Potenzial der Energieberatenden zu wenig genutzt. Außerdem müsse der Fokus auf der Qualitätssicherung liegen, um vor allem sozial-schwächere Haushalte vor weiteren Kostenexplosionen im Zuge von Bau und Sanierungen zu schützen.
Seitens der Politik müssen die Hürden so gering wie möglich bleiben – vor allem durch weniger Bürokratie und schnellere Bearbeitung von Fördermittelanträgen. „Nicht nur, um mehr Transparenz zu geben, sondern auch mit Blick auf den Fachkräftemangel, um das Berufsbild der Energieberatenden langfristig attraktiv zu machen“, ergänzte Dr. -Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer.
Am Ende der Veranstaltung gab es Standig-Ovation für Jürgen Leppig, der nach sieben Jahren als Bundesvorsitzender des GIH auf eigenen Wunsch aus dem Amt ausscheidet. Moderatorin Anouschka Horn bedankte sich im Namen aller Anwesenden für sein außergewöhnliches Engagement.